Ebook Free Eine Weltgeschichte der deutschsprachigen Literatur, by Sandra Richter
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Eine Weltgeschichte der deutschsprachigen Literatur, by Sandra Richter
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Über den Autor und weitere Mitwirkende
Sandra Richter, geboren 1973, studierte Literaturwissenschaft und Politik, lehrte an Universitäten in London und Paris und ist Professorin für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Stuttgart. Sie veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, wurde mehrfach ausgezeichnet und schreibt u. a. für DIE ZEIT. 2019 übernimmt sie die Leitung des Literaturarchivs Marbach.
Produktinformation
Broschiert: 732 Seiten
Verlag: Pantheon Verlag (22. April 2019)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3570553949
ISBN-13: 978-3570553947
Größe und/oder Gewicht:
15,2 x 5,5 x 22,6 cm
Durchschnittliche Kundenbewertung:
4.5 von 5 Sternen
2 Kundenrezensionen
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Einerseits heiß es traditionell über Deutschland, es sei „das Volk der Dichter und Denker“. Goethe, Schiller, Mann und dutzende andere Literaten gelten als „kulturelle Nationalheiligtümer“ und Vorreiter und Begründer des „Deutschen“ an sich.Und andererseits war zu weitgehend allen Zeiten und ist es in der Gegenwart noch in viel dichterem Maße, Literatur immer auch international wirksam (man Denke nur an Stefan Zweigs Hoffnung auf „Völkerverständigung“ und „europäischen Frieden“ durch die Kultur vor Beginn des ersten Weltkrieges im Rahmen des innereuropäischen Austausches der Literaten und derer Werke).So startet die Autorin ihren lebendigen, überaus informativen Blick auf die deutsche „Welt-Literaturgeschichte“ nicht ohne Hintergrund und treffend mit Boris Karloff als „Frankenstein“, der in einem Lederkoffer den „Werther“ entdeckt und einschneidend auf dieses Werk reagiert.Darin liegt die Grundfrage der Autorin, der sie im Werk nachgeht:„Warum ist sie (die deutschsprachige Literatur) außerhalb der deutschsprachigen Provinzen überhaupt von Bedeutung“ (und das zudem mit fast kultartigem, langanhaltendem Charakter in der Welt)?Liegen in der deutschen Literatur tatsächlich „allgemeine“ ästhetische Werte oder anthropologische Konstanten, die über den engeren Bereich des Zielpublikums heraus Bestand haben?Auf jeden Fall, und dafür liefert Richter vielfache Belege und Beispiele in ihrer opulenten „Werkschau“, „überwindet Literatur die Grenzen ihrer Sprache und Kultur“. Dieser geweiterte Blick aus nun anderer Richtung als die bisherigen Darlegungen ausgehend von einer „nationalen Angelegenheit“ kommt also eher von außen und dringt in das Innere der Wirkung deutschsprachiger Literatur vor, was im Buch als spannende, aber, dem Anspruch nach auch verständlich, auch anstrengende Lektüre vorliegt.Aber auch eine Weite des Blickes, denn neben den Werken und deren Autoren selbst geht es ja vor allem auch um die Rezeption außerhalb des „Kern-Sprachraumes“. Um Übersetzer, Gönner, Freunde, Fans, Lektoren, um Kritiker, dann auch, bei filmischen Adaptionen, um Regisseure und Schauspieler (hier drängt sich nachgerade Marlene Dietrich in der Verfilmung von Heinrich Manns Werk „Professor Unrat“ unter dem Titel „Der blaue Engel“ als Beispiel eines Werkes auf, dass gerade wegen, vielleicht sogar nur aufgrund der Verfilmung Weltruf erlangte.Von 1450 an bis in die Gegenwart reich dabei der zeitliche Blick der Autorin, von Beginn der „deutschen Kultursprache“ bis zu deren erster internationaler Beachtung als „heiße Ware“, 1450 bis 1700.Schelmenroman, Aufarbeitung von Zeitgeschehen (im „Simplicissimus), Verkündigung des Glaubens in Hymnen, deutschsprachig bis ins ferne Amerika hinein, in späteren Zeitabschnitten die entdecken der Innerlichkeit in exemplarischer Äußerlichkeit der Rahmung (Nathan der Weise), gesteigert ins tiefste Gefühl als „Weltgefühl“ im „Werther“, aber auch der Idealismus in der Literatur als „Korpus einer Idee“ (ja, auch „Winnetou“ wird hier mit aufgenommen), dann über die Literatur aus Ausdruck und Begleiter einer „Welt des Umbruchs“ um die Jahrhundertwende zum 20 Jahrhundert hin, als „miefige Heimatliteratur“ im dritten Reich, da aber auch als „Kundschafter des Deutschen in der Welt“ durch die zahlreiche Literatur der Emigration, es ist ein breiter und vielfältiger Blick, den Richter in diesem Werk dem Leser öffnet.Und in dem klar wird: „dass deutschsprachige Literatur in ein mehr oder minder globales Gespräch eingebunden ist, was uns alle angeht“. Wobei Richter eine gewisse Einengung nicht vernachlässigt, denn der „Sprachraum“ wird überwunden, aber nicht „weltweit“ unbedingt. Kulturelle gemeinsame Grundlagen bedarf es schon in nicht wenigen Fällen, um literarische Werke nicht nur der Sprache, sondern auch dem Sinngehalt nach erfolgreich „zu übersetzen“.Aber dennoch, in durchaus besonderer Form versteht es die deutsche Literatur seit Jahrhunderten bereits, aktuelle, wichtige, zeitgeschichtliche Themen ebenso wie „Archetypen“ menschlichen Seins mit internationaler Wirkung in sich einzubinden.Auch wenn ebenso für den eher größten Teil dieser Literatur gilt: „Jenseits der eigenen Sprache ist Nichtwahrnehmung der Regelfall“. Richter weist genügend, eigentlich eine Fülle von „Ausnahmen“ vor, die den Blick auf die deutschsprachige Literatur stark erweitern und dem Leser einen „weltweiten Blick“ ermöglichen.Eine anregende, nicht einfache, aber lohnenswerte Lektüre.
Die Stuttgarter Professorin für Neuere deutsche Literatur macht etwas noch nicht Dagewesenes: sie legt eine „Weltgeschichte der deutschsprachigen Literatur“ vor. Das Unternehmen beansprucht mehr als 700 Seiten. Über hundert davon Anmerkungen, welche die zahllosen Verweisen in den einzelnen Kapiteln näher bezeichnen. Das Literaturverzeichnis umfasst auf achtzig Seiten weit über Tausend Titel. Das „nur“ zwanzig Seiten umfassende Personenregister weist grob geschätzt 1500 Namen auf. Wie die Autorin das bewältig hat, bleibt nicht ihr Geheimnis, sondern liegt zwischen den Buchdeckeln des mehr als 1 kg wiegenden Buches. Im Nachwort verrät sie, dass es sich um ein über zwanzig Jahre gehegtes und betriebenes Projekt handelt. Dass ein gewissenhafter Lektor und ein paar kollegiale Gesprächspartner der Autorin für ein solches Buch nicht gereicht haben, ist einleuchtend. Neben Landesbibliotheken, Literaturarchiven, Instituten und Gesellschaften und deren Repräsentanten hat sie eine dreistelligen Zahl von Forschungsstudenten und Doktoranten, wissenschaftlichen Assistenten und Fachleuten beschäftigt bzw. in Dienst genommen. Trotzdem oder gerade durch diese Vernetzung bleibt ihre Leistung bewunderungswürdig und fast märchenhaft. Die Einzigartigkeit des Ansatzes transportiert so viele neue Ideen und Sichtweisen, erweitert den üblichen Bildungskanon um so viel Wissenswertes, dass man ein rasches und summarisch schnell urteilendes Fortschreiten durch die Zeiten wohl akzeptieren muss. Für eine aus der Literaturwissenchaft vertraute tiefergehende Textanalyse unter welcher Methode auch immer ist hier nicht der Ort. Geleistet wird eine Wirkungsgeschichte deutscher literarischer Produktion in die Welt hinein, d.h. nach England, Frankreich, Spanien, nach Osteuropa und Russland, nach Nord- und Südamerika und bis nach Indien, Japan und China. Dieser Export deutschen „Kulturgutes“ , der z.b. ganz nüchtern und statistisch an Umfang, Ort und zeitlicher Verteilung von Übersetzungen beziffert werden kann, wirft eine Fülle von Fragen auf, denen Sandra Richter nachgeht. Was sind die Gründe dafür, dass Zeugnisse der Weimarer Klassik oder des Sturm und Drangs wie Goethes Werther oder der zivilisationsmüden Innerlichkeit von Hesses „Steppenwolf“ plötzlich im nachrevolutionären China oder im Amerika der 60er boomen ? Welche universalen menschlichen Konflikte oder welche zufälligen soziologischen analogen Konstellationen sind dafür verantwortlich? Welche verschlungenen Wege gehen und welche Transformationen machen deutsche Texte durch, die vom Deutschen ins Englische, von dort ins Japanische und weiter ins Chinesische übersetzt wurden? Skuriler Fall einer Quatärrezeption. Welchen Einfluss und welche Inspiration hat die deutsche Romantik, etwa E.T.A. Hoffmann, auf Byron und Mary Shelley und ihre Monster-Dystopie des „Frankenstein“? Was hat es mit dem von einem amerikanischen Literturwissenschaftler treffend als „Suhrkamp-Kultur“ bezeichneten von Siegfried Unseld wesentlich geprägten Verlagsprogramm im Nachkriegsdeutschland auf sich, dass programmatisch für das deutsche Unheil Buße tun wollte und wesentlich beitrug zum Aufbau einer freudo-marxistischen, zumindest aber philosemitischen und linken Community, welche über Jahrzehnte tonangebend war? Dieser Gang durch die Jahrhunderte deutscher Literatur, der einmal nicht vertiefter Selbstreflexion sondern gewissermaßen ihrem Handelswert und Aktienstand als Exportgut im Urteil des pragmatischen Auslandes gewidmet ist und vielfältige Wechselbeziehungen zeitigt, ist eine Herkulesaufgabe. Sandra Richter bewältigt sie mit enormem Fachwissen und einem erweiterten Literatur- und Kulturbegriff, der Niederschläge und Resonanzen in Film- und Popkultur, in Werbung und Graphic Novals und Mangas nicht auslässt. Das macht ihr Buch enorm informativ und lehrreich. Dennoch ist ihr Stil alles andere als akademisch oder trocken. Vorherrschend ist eine oft anekdotische und plastisch biographische Darstellung, eher im intelligenten und assoziationsreichen Plauderton einer guten Vorlesung.
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